Zeit
Ausstellung im Wintersemester 2006/’07
Aus dem aktuellen Flyer des Fotolabors der Universität Lüneburg:
Ausstellung der Kursleiter
zum Thema “Zeit”
Eröffnung: 12. Oktober 2006, 17 Uhr
Zeit: 12. Okt. bis 30. Nov. 2006
Ort: Mensa Campus Uni Lüneburg (UC)
In unserer alljährlichen Fotoausstellung widmen wir uns dieses Mal dem Thema Zeit. Wie immer sind dem Team außer der Vorgabe des Themas weder inhaltliche noch gestalterische Grenzen gesetzt. Man darf also auch dieses Mal auf ein vielfältiges Ergebnis gespannt sein.
Die Fotoausstellung “Zeit” findet im Rahmen des gleichnamigen Tritonus-Festivals statt.
Zitat Ende. Und hier meine Beiträge zur Ausstellung:
1822: tick … tick … tick …
Auf den ersten Blick simpel – und doch: Ein kleines technisches Meisterwerk, so eine mechanische Armbanduhr. Bereits 1822 waren – jedenfalls tragbare Uhren – nicht wirklich neu (die ersten Taschenuhren wurden bereits um etwa 1500 gebaut). Armbanduhren hingegen sind ein Produkt des 20. Jahrhunderts.
Mangels Taschenuhr habe ich eine Armbanduhr einmal ganz groß aufgenommen: Ein – auf den ersten Blick – überwiegend statisches Motiv. Einzig der Sekundenzeiger scheint in Bewegung zu sein, Minuten- und Stundenzeiger hingegen verharren statisch. Das ist natürlich nicht korrekt: Auch die schreiten stetig und unaufhaltsam voran und wenn wir nur genug Geduld und Muße aufbrächten, sie lange genug im Blick zu behalten, dann nähmen wir das auch wahr. Aber wer mag sich darauf noch einlassen – in unserem veloziferischen (veloziferisch: Von GOETHE als Verschränkung von Velocitas (die Eile) und Luzifer kreiertes Kunstwort. S. dazu OSTEN, Manfred: Alles veloziferisch oder Goethes Entdeckung der Langsamkeit, Frankfurt am Main und Leipzig (Insel Verlag), 2003) Zeitalter?! (Und sie bewegen sich doch…!)
Um die Bewegung des Sekundenzeigers sichtbar zu machen, wurde das Foto fünf Sekunden lang belichtet, wozu stark abgeblendet werden musste. Für die – zwar erhoffte, aber doch nicht sichtbare – Bewegungsunschärfe des Minutenzeigers hat es aber leider nicht gereicht…
Daten zum Foto:
Aufnahmedatum / -zeit: 15.09.2006 / 13:55:16 • Kamera / Objektiv: Canon EOS 300D / EF-S 60 mm 1:2.8
Aufnahmeeinstellungen: Tv (Verschlusszeit): 5 sec. • Av (Blende): 22 • ISO (Filmempfindlichkeit): 100
Wandlung in S/W und Triplex-Tonung (Schwarz / Trumatch 10-a4 / Trumatch 4-e1) mit Adobe Photoshop CS2
12. October 1832 – 12. Oktober 2006: 174 Jahre Neue Landschaftsordnung
Während andernorts Taschenuhren gebaut wurden, begann es im Herzogtum Braunschweig langsam aber sicher zu rumoren. Am 6./7. September 1830 schließlich machten die Braunschweiger ihrem regierenden Herzog (KARL II.) unmissverständlich klar, dass er im Land nicht mehr erwünscht war – indem sie ihm schlichtweg sein Schloss unter dem Hintern abbrannten und ihn damit unhöflich aber bestimmt zur doch etwas überstürzten Abreise veranlassten.
Die folgenden Jahre brachten dem Kleinstaat nicht nur die Übernahme der Regierung durch Herzog WILHELM, sondern vor allem die am 12. Oktober 1832 verabschiedete Verfassung: Die Neue Landschaftsordnung (NLO). Ohne hier auf sie im Detail eingehen zu können (stattdessen sei verwiesen auf POLLMANN, Klaus Erich: Die Landschaftsordnung von 1832, in: Werner Pöls / Klaus Erich Pollmann (Hrsg.): Moderne Braunschweigische Geschichte, 1. Aufl., Hildesheim 1982, S. 6-30.): Sie war ihrer Zeit weit voraus! Mit ihrem Inkrafttreten wurde aus dem Herzogtum eine konstitutionelle Monarchie, d. h. auch der Regent war an die Verfassung gebunden, sie enthielt einen Grundrechtskatalog und führte im Ergebnis u. a. dazu, dass die Revolution um 1848 am Herzogtum relativ spurlos vorüber zog. Die Braunschweiger hatten auch keinen Grund, tief gehende Reformen zu fordern: Sie hatten bereits 1832 weitgehend das bekommen, was sie wollten. Sogar der Minister von SCHLEINITZ verblieb im Amt und war damit – soweit mir bekannt – der einzige Minister eines deutschen Territoriums, der um 1848/’49 nicht seinen Abschied nahm oder besser: nehmen musste. Der Herzog selbst regierte auf Grundlage der NLO bis zu seinem Tod am 18. Oktober 1884 und setze – im Zusammenwirken mit seinen fachlich durchweg überaus kompetenten Ministern – u. a. einige recht erfolgreiche Reformvorhaben in die Tat um.
Dem Herzog und vor allem der Neuen Landschaftsordnung zum 174jährigen Jubiläum ihrer Verabschiedung ist das Foto gewidmet.
Daten zum Foto:
Aufnahmedatum / -zeit: 15.09.2006 / 12:27:00 • Kamera / Objektiv: Canon EOS 300D / EF-S 60 mm 1:2.8
Aufnahmeeinstellungen: Tv (Verschlusszeit): 1/3200 sec. • Av (Blende): 2.8 • ISO (Filmempfindlichkeit): 100
2022: M I N U T E M A N
Geklont auf dem Wasserplaneten Domino (oder so ähnlich), gingen nach Ausräumen der letzten ethischen Bedenken 2022 die ersten M I N U T E M E N in Serie. Kostengünstig in der Unterhaltung, konnten sie rund 22 Stunden am Tag arbeiten und waren voll multitasking- und sogar hyperthreadingfähig.
Auf ein ethisches Sub-Programm konnte dabei ebenso gut verzichtet werden (wäre angesichts ihres weit überwiegend erfolgenden Einsatzes in den Führungsetagen von Politik und Wirtschaft auch eher hinderlich gewesen…) wie auf ein auf den höheren Energieumsatz abgestimmtes Herz-Lungen-System, so dass sie regelmäßig pünktlich noch vor Eintreten in den Ruhestand buchstäblich ausbrannten. Schade eigentlich…
Aber genug des Lesens im Kaffeesatz: Beim Thema Zeit kamen mir spontan Melodie und Text von Minuteman in den Sinn. Ein bereits 1995 in weiser Voraussicht von Dance Or Die veröffentlichtes Lied, in dem A.N.G.O. (keys/programming) und WAGNER (vocals/lyrics) den Minutemen einen Spiegel vorhalten. Dabei fragen sie, ob der (einzige) Sinn des Lebens tatsächlich darin liegt, 22 Stunden am Tag zu arbeiten, sich dabei zur Not auch mit Koks & Co. fit zu halten, um letztlich einem fragwürdigen System zu dienen, dem man noch einen letzten Dienst durch sein Ableben infolge eines Herzinfarktes vor Erreichen der Altersgrenze erweist. – Oder ob da nicht vielleicht noch ein wenig mehr sein könnte, was das Leben zu bieten hat oder zumindest zu bieten hätte, nähme man sich nur genug Zeit dafür…
In einer ersten Version des Bildes hatte ich den Songtext noch integriert. Aus verschiedenen Gründen habe ich ihn aus der finalen Version wieder entfernt, da das Foto auch ohne den Text funktionieren muss…
Daten zum Foto:
Aufnahmedatum / -zeit: 10.08.2006 / 14:05:22-14:24:48 • Kamera / Objektiv: Canon EOS 300D / EF-S 60 mm 1:2.8 Aufnahmeeinstellungen: Tv (Verschlusszeit): 1/50 sec. • Av (Blende): 4.5 • ISO (Filmempfindlichkeit): 100
Das Bild ist unter Einsatz von Ebenenmasken mit Adobe Photoshop CS2 aus vier Einzelaufnahmen zusammengesetzt worden. Modell saß ich selbst, während Eva Schubert so nett war, den Auslöser zu betätigen – vielen Dank dafür!
One Response to “Zeit”
[…] neuer Fotos (kommen bald auch wieder…) hier erstmal eine Neubearbeitung eines meiner Beitr?ge zur Ausstellung des Fotolabors der Universit?t L?neburg zum Thema Zeit (Wintersemester […]